Bildungsstreik? ...ja, die Bildung streikt - und einfach aus dem Grund, dass die Bildungsinstitutionen nicht mehr richtig bilden können. Die elementare Frage hierbei ist doch: warum wird gerade an diesem wichtigen Gut gespart? Warum zögern die zuständigen Politiker hier so lange? Die Ausbildung und Weiterbildung ist doch Grundlage einer guten Gesellschaft. Die Abiturienten und Studenten sind die schlauen Köpfe von morgen, die die Gemeinschaft voranbringen und leiten sollen. (Wir behalten im Hinterkopf: alle Gesellschaftsschichten sind für das große ganze funktionierende Konstrukt nötig, aber die Koordination des ganzen ist unerlässlich wichtig.)
Doch wie soll das gehen, wenn Kurse überfüllt sind, der Stoff zu viel für die wenige Zeit, zu wenig Dozenten und Professoren verfügbar sind? Es geht ja noch weiter: Vorlesungen fallen aus, gute, jahrelang beschäftigte und von den Studierenden beliebte Professoren bekommen keinen Lehrauftrag mehr; jüngere und unerfahrene rücken nach, ohne die Möglichkeit haben, sich einzufinden. Betreuer für beispielsweise Bachelorarbeiten werden völlig überrannt.
Aus eingener Erfahrung kann ich sagen, dass es definitiv möglich ist, einen Bachelorabschluss binnen 6 Semestern abzuschließen, aber das kostet Nerven. Dann muss man in Kurse gehen, die einem vom Themengebiet nicht zusagen oder nicht in das für später gewünschte Beschäftigungsfeld passen, weil eben unter Umständen nur diese angeboten werden. Noten im Auslandssemester werden nicht angerechnet, obwohl sie gut waren (diejenigen mit schlechten Zensuren freut das eventuell), noch während des Auslandsaufenthaltes oder dem Praktikumssemester muss man sich um die Themenfindung zur Bachelorarbeit kümmern, am besten hat man schon seine Korrektoren und die ganze Literatur gesichtet.
Zeit, eine wirkliche empirische Studie auszuarbeiten bleibt selten. Kolloquien bieten zwar die Möglichkeit, sich über das Mysterium Bachelorarbeit auszutauschen und zu informieren, doch bleiben diese, trotz Bemühungen auf Seiten der Dozenten, sehr oberflächlich. In der Kürze ist das kaum machbar, und die Termine für die mündliche Präsentation der Arbeit fangen weit vor Abgabetermin und somit vor der Fertigstellung der Arbeit an.
Wer dies alles berwerkstelligt bekommt - und es ist durchaus zu schaffen, dank Kaffee und Nervennahrung in Form von Knabberkram, eigens auferlegtem Ausgehverbot und geduldigen wie hilfsbereiten Eltern und Mitbewohnern - braucht sich gar nicht erst auf eine Abschlussveranstaltung wie Zeugnisübergabe oder einen Ball freuen. Den gibt es nicht. Dafür bekommt man sein Zeugnis auf dem Postweg zugesandt - nur die Hauptkurse sind mit Noten eingetragen, bei uns Linguisten zählen die Sprachkurse nicht in den Durchschnitt. Dies erscheint mir wenig plausibel, da ja gerade zu unserem Studiengang die Sprachen dazugehören.
Als letztes bleibt einem, die Empfangsbestätigung zurückzusenden - und ein Gefühl, trotz des ganzen Wirrwarrs nicht wirklich studiert zu haben.
Ein Bachelor-Abschluss hat für viele einen schalen Beigeschmack.
Danke Bologna.
Ein Masterstudiengang ist für viele die gedankliche Schlussfolgerung. Doch die meisten haben starke Beschränkungen, gute Unis selektieren durch erwünschte Praktika, Volontariate, Ferienjobs und Sprachtests. Und wer finanziert das? Glück hat der, der von seinen Eltern finanziell unterstützt werden kann. Es ist ein Dilemma: Um die Studiengebühren und Ausgaben stemmen zu können, muss neben der Studiererei gearbeitet werden. Hierbei geht wertvolle Lernzeit verloren, eventuell geht ein Semester wegen nicht belegter Seminare oder nicht bestandener Kurse drauf. Und dann - weitere sechs Monate muss die Studiengebühr gezahlt und verdient werden.
In der Schule ist es nicht anders: ein Jahr kürzen, mit der Anforderung an die Schüler, gleichzeitig bessere Ergebnisse zu liefern? Utopisch. Dass von Seiten der Politik Kritik geübt wird - unverständlich. Denn diese sind am weitesten von dem ganzen Lehrapparat entfernt. Die Lehrer, wenn sie denn Hilfestellung geben wollen, sind dazu nicht fähig, denn auch die haben nach Unterrichtsschluss noch einiges zu tun. Individuelle Betreuung? Kaum möglich bei diesen Klassengrößen.
Die Frage zu Privatschulen ist für mich in diesem Zusammenhang verständlich. Und jedem, der es sich irgendwie leisten kann, meines Erachtens nach auch empfehlenswert. Wer hier gleich an Snobs und Bonzen denkt, die das Abi von Papi erkauft bekommen, Fehlanzeige. Hier wird sich um die Schüler gekümmert, auch außerhalb der Unterrichtszeiten, soziale Kompetenzen werden gefördert, das immer wichtiger werdende Vitamin B aufgebaut. Kleine Unterrichtsklassen kommen zustande, individuelles Auseinandersetzen ist möglich. Hierdurch entstehen gute Abschlüsse, und um den Zweiflern entgegenzutreten: das Zentralabitur ist an allen Schulen dasselbe, und auch an privaten Institutionen fallen Schüler durch oder werden gegangen; dennoch lag beispielsweise mein Jahrgang über Landesdurchschnitt. Dies kann durchaus zu der umfochtenen Bildungselite führen, aber will man in der heutigen Zeit durchschnittlich ausgebildet sein? Die Antwort ergibt sich von selbst, befasst man sich mit den Anforderungskatalogen der großen Unternehmen. Nichts wird einfacher, vor allem nicht billiger, und die Absolventen nicht jünger - und gleichzeitig gebildeter.
Und hierbei wird deutlich: Bildung ist Luxus